NZZ-Dossier "Wer ist neu im Parlament"
     
    Kurzporträts mit Bildern sämtlicher Schweizer National- und Ständeräte nach den eidgenössischen Wahlen vom 24. Oktober 1999, ergänzt durch Listen erster Ersatzleute. Siehe auch das Dossier «National- und Ständeratswahlen vom 24. Oktober 1999»

Letzte Aktualisierung: 6. Juni 2000

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Streiflichter über die neue Garde

Wer ist wer im Parlament? Diese Frage wird zu Beginn der neuen, der 46. Legislaturperiode wohl öfters gestellt werden, als dies sonst der Fall zu sein pflegt. Von den 246 Frauen und Männern, die während der nächsten vier Jahre das Volk in Bern vertreten sollen, ist ein Grossteil neugewählt und auf der nationalen Politbühne noch unbekannt. Rund 80 Neulinge ziehen in den Nationalrat ein. Im Ständerat sind es deren 13; weitere 7 sind Habitués, die ihre Karriere als Bundespolitiker im Nationalrat gestartet und denen die Wahlen 99 den Sprung in die kleinere Kammer mit dem grösseren Ansehen ermöglicht haben. 

 

So wenig wie seine Vorgänger es waren, so wenig ist auch das neugewählte Parlament ein Abbild des Volkes. Es ist vielmehr eine Garde, die das Volk vertritt, aber nicht repräsentiert. So ist etwa die Jugend unter der Bundeshauskuppel kaum präsent. Zwar wurde 1995 der mit 21 Jahren jüngste Nationalrat gewählt, und auch 1999 ist wieder einigen wenigen Vertreterinnen und Vertretern der jüngeren Generation (wobei wir hier die Grenze des Jungseins bei 35 Jahren ziehen wollen) der Sprung ins Bundeshaus geglückt. Doch im parlamentarischen Gesamtbild treten sie nur als frische Farbtupfer in Erscheinung und ändern nichts daran, dass das Parlament nach wie vor fest in reifen Händen ist. 

 

Obschon die Schweizer Bevölkerung mehrheitlich weiblich ist, sitzen im Parlament deutlich weniger Frauen als Männer. Zwar eroberten die Frauen im Nationalrat 3 Sitze mehr als vor vier Jahren und besetzen nun deren 46, und im Ständerat verbuchten die Frauen einen zusätzlichen Sitzgewinn und sind nun deren 9. Doch ist der Frauenanteil mit 23 Prozent in der grossen bzw. knapp 20 Prozent in der kleinen Kammer nach wie vor tief. Ungeduldigen Seelen wird dieser zögerliche Einmarsch der Frauen in die Ratssäle als eindeutig zu langsam erscheinen. Bedächtige indes werden die zahlenmässige Vertretung der Frauen - frei nach dem Spruch «Gut Ding will Weile und keine Quoten haben» - als beachtlichen Erfolg werten und erstere mit dem Hinweis trösten, dass bei diesem Tempo die Parität der Geschlechter noch vor Mitte des nächsten Jahrhunderts erreicht sein wird. 

 

Seit den frühesten Anfängen weist das Parlament einen konstant hohen Anteil an Akademikern auf. Rund zwei Drittel der Ratsmitglieder haben einen Universitätsabschluss in der Tasche, während in der Schweizer Bevölkerung die Akademiker nur etwa 10 Prozent ausmachen. Die nach wie vor dominierende Berufsgruppe in beiden Räten sind die Juristen. In der grossen Kammer sind auch die Unternehmer und Gewerbetreibenden gut vertreten, ebenso die Ökonomen, Unternehmensberater und Verbandssekretäre, während die Zahl der Lehrpersonen und Wissenschafter deutlich zurückgegangen ist. Die einzige nichtakademische Berufsgruppe, die viele Parlamentarier stellt, sind die Bauern, die ihre Position im Nationalrat noch stärken konnten. Wie die anderen Berufsgruppen haben allerdings auch sie, verglichen mit ihrem tatsächlichen Anteil in der Bevölkerung, viel zu grosses parlamentarisches Gewicht. 

National- und Ständeräte nehmen im Schnitt in rund einer Handvoll Verwaltungsräten und Interessenverbänden Einsitz, auch dies ein markanter Unterschied zur Normalbevölkerung. Die Empfänglichkeit für lukrative Nebenbeschäftigungen ist unter anderem mit dem Milizsystem in Zusammenhang zu sehen, in dem der Schweizer Parlamentarier pro Jahr mit durchschnittlich 90 000 Franken an Einkommen und Spesen für seinen zeitintensiven Einsatz im Bundesbern eher bescheiden entschädigt wird. Da rücken solche Mandate die Parlamentsarbeit doch wieder in ein viel attraktiveres Licht. Die finanziellen oder wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen den einzelnen Volksvertretern und Interessengruppen sind keineswegs geheim, sondern im Bundeshaus allgemein bekannt und werden zudem in einem öffentlichen Verzeichnis transparent gemacht. Und ein Blick in dieses Verzeichnis - wie auch in unser «Who's who?» - zeigt, dass die Interessengruppen ein bisschen auf allen Ratsbänken zu finden sind.