„THE TWO-PARTY SYSTEM AND
THE MULTIPARTY SYSTEM“
von Maurice Duverger
Schriftliche
Vortragsfassung
Vortrag
gehalten am 25. Mai 2000
im
Rahmen des Proseminars
„Politische
Parteien“
Universität
Bern
RWW-Fakultät
Institut
für Politikwissenschaft
Betreut
durch: Dr. Andreas Ladner
Eingereicht
am 24. Mai 2000 von
Christian
Leder
Bühlstrasse
51
3012
Bern
Tel.
031 / 301 07 57
Mat.
Nr. 98-115-926
Schon der Titel des Textes zeigt uns den darin behandelten Themenbereich.
Es geht also um Parteiensysteme. Dass es nun um angebliche Systeme
geht, klärt uns zudem über die gegenüber unserem Untersuchungsgegenstand
eingenommene Betrachtungsperspektive auf. Wir wollen demnach nicht einfach
„Parteien“ anschauen. Vielmehr geht es im folgenden um die Betrachtung von
Parteien in Parlamenten, um die Betrachtung der zwischen Ländern unterschiedlichen
Verteilungen von Parteien auf die Sitze in einem Parlament. Dabei interessiert
uns vorgängig die Frage, ob wir plausible Hypothesen über systematische
Zusammenhänge zwischen der Verteilung der Parteien im Parlament und äusseren
Faktoren aufstellen können.
In Duvergers Hauptwerk
„Die Politischen Parteien“ ist der vom Exzerpt berücksichtigte Auszug
im ersten Kapitel mit Titel „Die Anzahl der Parteien“ des zweiten Teils von
zwei Teilen des Buches verordnet. Wenn Duverger das inhaltlich von uns berücksichtigte
Kapitel mit „Die Anzahl der Parteien“ überschreibt, so dürfen wir
wiederum nicht unbeachtet lassen, dass Duverger im Teil des Buches zu den
„Parteisystemen“ in mehreren, dem ersten folgenden Kapiteln noch weitere Aspekte
des Parteiensystems, wie „Die Grösse der Parteien und ihre Bündnisse“
im 2. und „Parteien und politisches Regime“ im 3. Kapitel, behandelt. Zeichnet
sich also ein Parteiensystem durch mehrere ‚Merkmale‘ der Interaktion der
Parteien aus, so beschränken wir uns in unserer Betrachtung auf den von
Duverger unter dem Titel „Die Anzahl der Parteien“ behandelten Aspekt eines
Parteiensystems.
Bei der Klassifizierung der Anzahl Parteien unterscheidet Duverger grob
zwischen zwei Erscheinungstypen. Deren erster ist der sogenannte Parteiendualismus,
der aus der Dominanz von zwei Parteien entsteht, von Duverger als „Zweiparteiensystem“
bezeichnet. Der zweite Typ zeichnet sich durch die Aufteilung in mehr als
zwei Parteien aus, Duverger spricht hier vom sog. „Mehrheitssystem“. In Anlehnung
an Duverger werde auch ich nun nacheinander auf die beiden Erscheinungen,
die beiden „Systeme“, eingehen.
Neben den beiden
genannten Typen gibt es noch einen dritten: die Einheitspartei. Die Gegenüberstellung
von Parteienpluralismus und Einheitspartei hat eine grosse Bedeutung, vor
allem aber war sie über lange Zeit die Richtschnur für eineTeilung
der Welt in „Ost“ und „West“, als die sie heute nicht mehr angewendet werden
kann.
Doch wollen wir uns nun der Gegenüberstellung
von Zwei- und Vielparteiensystem zuwenden. Wie bereits beschrieben, kommt
diese Gegenüberstellung in unserer Erörterung der Frage nach der
Anzahl der konkurrierenden Parteien in einem politischen System gleich. Die
Zahl der Parteien soll hier als die Anzahl der Parteien verstanden werden,
die innerhalb des gesetzgebenden Gremiums entscheidenden Einfluss auf die
Gesetzgebung auszuüben vermögen.
Die Zahl der Parteien entfaltet dort ihre grösste Bedeutung, wo vom politischen System her eine Kammer einer anderen ein Misstrauensvotum aussprechen kann und diese sogar aufzulösen im Recht steht. Ist die Zahl der Parteien hier aber auf eine oder zwei beschränkt, wird in den meisten Fällen dieselbe Partei in beiden Räten über die Mehrheit der Sitze verfügen, was das Kontrollinstrument des Misstrauensvotums teilweise ausser Kraft setzt.
Kommen wir nun aber zur schon oft erwähnten Gegenüberstellung von Zwei- und Vielparteiensystem:
Zunächst hat das Zensuswahlrecht einen (1) bürgerlichen Dualismus zwischen Konservativen und Liberalen hervorgebracht. Die ‚Konservativen‘, hauptsächlich bestehend aus Aristokratie und ländlicher Bürgerschicht, stehen für die Werte der Autorität, der Tradition und generell der Unterordnung unter geordnete Verhältnisse ein, während sich die grösstenteils städtisch rekrutierten ‚Liberalen‘, meist Kaufleute, Industrielle und Intellektuelle, auf die Ideale der französischen Revolution berufen und damit für einen Individualismus und Rationalismus einstehen. Diese Teilung war vor allem in protestantischen Ländern anzutreffen, wo hingegen in katholischen der beschriebene Parteiendualismus durch eine weitere religiöse Opposition durchbrochen wurde; wobei der Katholizismus auf der Seite der Konservativen untergebracht wurde.
Mitte des 19. Jahrhunderts schien der bisherige Parteiendualismus durch vermehrtes Auftreten eines (2) »Radikalismus« aufgesprengt zu werden. Dieser Radikalismus trat in Form eines »Linksradikalismus« zu Tage, meist als innere Spaltung der bisherigen ‚Liberalen‘, der wiederum mit der Entstehung der sozialistischen Bewegungen und sozialistischen Parteien einher ging. Vielfach konnte sich die neue Dreiteilung des restriktiven Wahlrechts wegen nicht sogleich auch im Parlament durchsetzten: »Die Entwicklung des Sozialismus hat dagegen eine völlige Modifikation des früheren Parteiendualismus bedeutet. In einigen Ländern wurde sie durch das beschränkte Wahlrecht aufgehalten, so dass der Dualismus sich noch im Parlament erhielt, während im Volk schon drei Parteien arbeiteten. Da das Wahlrecht für die Gemeinden und Städte häufig weniger beschränkt war, so drangen sozialistische Abgeordnete in die Gemeinderäte und Stadtverordnetenversammlungen ein, aber nicht in die gesetzgebenden Versammlungen, es sei denn, in sehr geringer Zahl« (Duverger 1959: 227f). So kommt es, dass die Einführung des allgemeinen Wahlrechts und das Auftreten der sozialistischen Parteien in den Parlamenten zusammenfallen. In Ländern, in denen das allgemeine Wahlrecht schon vor Entstehen des Sozialismus bestand, konnte sich dieser auch entsprechend kontinuierlich entfalten. Vielerorts wurde nun also der eigentliche Parteiendualismus durch die neue Dreiteilung verdrängt.
Duverger macht nun aber den Umstand geltend, dass in den allermeisten Fällen diese Dreiteilung nur ein Zwischenstadium war, das schliesslich wieder in der Herausbildung einer klassischen Zweiersituation endete, dass die Dreiteilung demnach nur ein vorübergehender Zustand gewesen sei, weshalb man auch weiterhin von einem Zweiparteiensystem sprechen könne: »Sonst ist der Dualismus überall nur für eine längere oder kürzere Zeit unterbrochen worden, um in einer neuen Form wieder zu erscheinen, die fast genau dem Klassenkampfschema der marxistischen Lehre entspricht, d.h. in der Form des Gegensatzes einer bürgerlichen und einer sozialistischen Partei« (Duverger 1959: 228).
In der Zeit, da sich in Amerika um McCarthy eine starke, äusserst emotionell angeheizte Front gegen das marxistische Gedankengut bildete, glaubte auch Duverger bezüglich der ‚Anzahl der Parteien‘ eine (3) dritte, eine gefährliche Strömung auszumachen: »Einen ganz neuen Charakter gewinnt aber die Frage mit dem Auftauchen einer dritten Art von Dualismus, der zwar bis jetzt noch nirgendwo Wirklichkeit geworden ist, sich aber schon in einigen Ländern, wie z.B. Italien abzeichnet, nämlich das Gegenüber von kommunistischer Partei und ðwestlicherÐ Partei« (Duverger 1959: 229). Dass Duverger hier schon stark durch die Anti-Kommunismus-Debatte eingenommen ist, lässt sich schon rein dadurch erkennen, dass er sich dazu verleiten lässt, von »westlicher« Partei als Opponent gegenüber der kommunistischen Partei zu sprechen. Die Möglichkeit einer Vorherrschaft der kommunistischen Partei im Parlament betitelt Duverger als »katastrophal« (Duverger 1995: 229). Hier fügt er denn auch die Unterscheidung zwischen einem relativen („technical“) und einem absoluten („metaphysical“) Dualismus an: »Es sind also zwei Arten des Dualismus zu unterscheiden: ein relativer Dualismus, bei dem sich die Opposition der beiden Konkurrenten nur auf untergeordnete Ziele und auf die Mittel erstreckt, die allgemeinen Anschauungen aber und die Grundlage der Ordnung von beiden Seiten anerkannt werden; und ein absoluter Dualismus, bei dem sich die Gegnerschaft auf die Grundlage der Ordnung selbst bezieht, auf die Gesamtkonzeption des Lebens und damit zu einem Religionskrieg wird. Nur der erste Dualismus ist lebensfähig« (Duverger 1959: 229). Duverger macht das Auftreten solcher absoluter Dualismen von sogenannten »totalitären« Parteien abhängig, mit denen ja hier nur wieder die „Kommunisten“ gemeint sein können.
Weiter gibt sich Duverger deutlich als Anhänger des Zweiparteiensystems zu erkennen, indem er nämlich den dualen Charakter von Meinungen und damit auch den Dualismus von Parteien auf ein gar metaphysisches Gesetzt zurückführen will. Zum Beispiel sagt er dazu: »Bei all dem scheint der Dualismus der Parteien ein natürliches Phänomen zu sein« (Duverger 1959: 229). Unter Anführung soziologischer Theorieversuche stützt Duverger seine These des ‚natürlichen Parteiendualismus‘ auf der Erklärung des menschlichen Temperamentes, das entweder radikal und revolutionär oder eher zurückhaltend und konservativ sein kann und deshalb, sozusagen als anthropologisches Fundament der menschlichen Meinungsbildung, jeden Konflikt als dualistisch erscheinen lässt: »Wenn immer die öffentliche Meinung sich vor grosse, grundsätzliche Fragen gestellt sieht, zeigt sich die Tendenz, sich um zwei entgegengesetzte Pole zu kristallisieren« (Duverger 1959: 231). Dass sich bei einer Diskussion um eine Sache zwei entgegengesetzte Haltungen bilden, ist ja noch verständlich und wird unserer Alltagserfahrung auch keineswegs widersprechen. Wo ich jedoch Kritik anbringen zu müssen glaube, ist die unverfrorene Übernahme dieser Erscheinung, wenn wir es einmal so benennen wollen, auf die Ebene von Parteien. Denn was Duverger hier in meinen Augen nicht beachtet, ist die Möglichkeit des Vorhandenseins mehrerer Konfliktlinien, die ja wiederum mehrere sich entgegenstehende Meinungen provozieren, die keineswegs in zwei Parteien untergebracht werden müssen, wie uns ja gerade die jüngste Vergangenheit lehrt. Wir können doch immer mehr beobachten, dass die althergebrachten Parteien sich in der Meinung zu einer Sachentscheidung immer mehr in sich teilen, in Fragmente zerfallen und diese Fragmente überparteilich sich in ihrer Meinung zu vorübergehenden Meinungspartnern zusammenschliessen. Dass nun die Gewerkschaften einmal das gleiche wollen wie Herr Blocher, nämlich die Aufstockung der AHV-Kasse durch einen Teilerlös des Nationalbankgoldes, ist nur ein Beispiel aus der aktuellen Politik.
Das oben von Duverger vertretene metaphysische Prinzip des Dualismus von Meinungen und eben auch von Parteien wird durch seine Aussage noch verstärkt und untermauert, dass es in der Politik keine Mitte geben könne. Eine solche sei von vornherein ausgeschlossen:
»Jede Politik bedingt eine Alternative zwischen zwei Lösungen, denn die vermittelnden Lösungen lehnen sich an die eine oder andere an. Das besagt nichts anderes, als dass es in der Politik keine Mitte gibt. Es mag wohl eine Partei der Mitte geben, aber keine ðRichtungÐ der Mitte, keine Ideologie der Mitte. ðMitteÐ nennt man den geometrischen Ort, an dem sich die Gemässigten der entgegengesetzten Richtung sammeln, die Gemässigten der Rechten und die Gemässigten der Linken. Jede Mitte ist in sich selbst gespalten die linke und die rechte Mitte, denn sie selbst ist nur die künstliche Zusammenfassung des rechten Flügels der Linken und des linken Flügels der Rechten. Es ist die Bestimmung der Mitte, zerteilt, hin und her geworfen, aufgelöst zu werden. [...] Eine eigentliche Mitte entsteht nur durch Überlagerung der entgegengesetzten Positionen« (Duverger 1959: 229f).
Auf das Problem der Mitte werden wir später beim Vielparteiensystem noch zurückkommen. Beim Parteiendualismus stellt sich die Frage nach der Mitte ja nicht, dominieren zwei Parteien, markieren sie ja gewissermassen die Endpunkte der Skala, wobei eine Dritte Partei fehlt, die sich dazwischen positionieren könnte.
Ausgeblendet wird in unserem Exzerpt die Erläuterung des Zusammenhangs zwischen dem Parteiendualismus und dem Wahlsystem, der Duverger im Original immerhin ein eigenes Unterkapitel widmet. Wir alle werden denn aber der Tendenz bewusst sein, die ein einfaches Mehrheitswahlrecht in Richtung hin zum Parteiendualismus aufzeigt. Weil aber Duverger hierzu eine Erklärung in Form von zwei analytisch zu unterscheidenden Faktoren entworfen hat, und gerade dieses Analyseschema eines der noch heute teils zitierten geistigen Fragmente Duvergers ist, möchte ich nicht unterlassen, es hier kurz vorzustellen. Zum Beispiel erklärt auch Lijphart in Bezug auf diesen von Duverger stammenden Erklärungsversuch die Tendenz der Mehrheitswahl, einen Parteiendualismus hervorzubringen (Lijphart 1999: 165). Wie gesagt werden beim Mehrheitswahlrecht nach Duverger zwei Faktoren aktiv, die auf das Bestehen eines Parteiendualismus drängen: Ein mechanischer Faktor und ein psychologischer Faktor.
Der (1) mechanische Faktor besagt, dass eine bestehende dritte Partei bei der Sitzvergabe überverhältnismässig benachteiligt wird, da ihr Anteil an Abgeordnetensitzen krass unter dem eigentlichen Stimmenanteil bleibt. Zwar wird auch schon die zweite Partei in dieser Richtung benachteiligt, doch ist die statistische Benachteiligung im Falle der dritten Partei noch weitaus gewichtiger. Hier wirkt sich vor allem auch die Grösse der Wahlbezirke aus. Der zweite, der (2) psychologische Faktor, betrifft nun das individuelle Verhalten des Wählers, der nämlich schon bald einmal merken wird, dass er mit seiner Unterstützung der dritten Partei seine Stimme nicht wirklich entscheidend unterbringen kann, dass seine Stimme gar verloren ist, wenn seine Partei von den zwei führenden bei der Sitzverteilung in einem kleinen Wahlbezirk vollständig übermann wird. Der Wähler wird deshalb dazu übergehen, seine Stimme auf den weniger unangenehmen Rivalen seiner eigentlich präferierten Partei zu übertragen, um damit den Erfolg des unangenehmen Gegners zu verhindern.
Zusammen wirken sich beide Faktoren - wie soeben erläutert - gegenüber dem Parteiendualismus äusserst erhaltend aus. Auch Duverger kommt zum Schluss, dass »das Verfahren der einfachen Mehrheitswahl [..] einen bestehenden Parteiendualismus gegen Parteienspaltungen und gegen die Entstehung neuer Parteien sichern« kann (Duverger 1959: 240).
Duverger fasst das Vielparteiensystem ganz klar als Abwandlung des Parteiendualismus auf, wobei zwei Gestaltungsformen zum Entstehen eines Vielparteiensystems führen können, nämlich die mit Spaltung und Überlagerung bezeichneten.
Bei der (1) Spaltung tritt eine neue Partei als Abspaltung eines Teils einer hergebrachten Partei in die politische Arena hinaus. Meist splittert sich ein Teil einer bestehenden Partei in der Folge von Unstimmigkeiten, die oft mit dem Auftreten neuer Konfliktlinien auftreten, von der alten Partei ab. Meist also in Reaktion auf das Auftreten neuer Konfliktlinien. Wie Duverger sagt, ist das Resultat einer solchen Aufsplitterung die Existenz von Parteien der Mitte. Wir haben nun aber oben gehört, dass es eine eigentliche Partei der Mitte nach Ansicht Duvergers gar nicht geben kann. Gemäss dieser Gesetzmässigkeit wird sich denn eine vermeintliche Partei der Mitte selbst wieder in rechts und links aufspalten, oder sich nach einer der beiden Richtungen hin orientieren.
Häufiger als der Prozess der Spaltung
ist jedoch die (2) Überlagerung. »Sie kommt dadurch zustande,
dass es verschiedene Arten dualistischer Gegensätze (Konfliktlinien)
gibt, die nicht miteinander zusammenfallen. Ihre Überschneidung gibt
dann ein Vielparteiensystem« (Duverger 1959: 244; Anmerkung von Leder).
Hierzu finden wir in unserem Textauszug einen Versuch zur graphischen Illustration
des Tatbestandes der »Überlagerung«. Und zwar sind insgesamt
sechs Meinungsträger aufgeführt, die zu drei Konfliktlinien verschiedene
Haltungen einnehmen. Die drei Konfliktlinien betreffen erstens die religiöse
Ausrichtung, mit Ausprägung klerikal oder nicht-klerikal, zweitens den
Gegensatz von »West« und »Ost« und drittens die Haltung
gegenüber dem ‚Markt‘, mit den Ausprägungen ‚Planwirtschaft‘ oder
‚Marktwirtschaft‘. Die sechs angeführten Meinungsträger zeichnen
sich nun eben durch ihre eigentümliche Kombination ihrer ‚Ausprägungen‘
aus:
Tab 1. Parteien und ihre Haltung gegenüber
drei Konfliktlinien.
Beispiel von Maurice Duverger zur Überlagerung von Parteien (in Duverger
1990: 294).
Kommunisten
|
östlich
|
Planwirtschaft
|
nicht-klerikal
|
fortschrittliche Christen
|
östlich
|
Planwirtschaft
|
klerikal
|
Sozialisten
|
westlich
|
Planwirtschaft
|
nicht-klerikal
|
MRP (Volksrepublikaner)
|
westlich
|
Planwirtschaft
|
klerikal
|
Rechte und R.P.F.
|
westlich
|
Marktwirtschaft
|
klerikal
|
Radikale
|
westlich
|
Marktwirtschaft
|
nicht-klerikal
|
Wir haben hier also ein idealisiertes Beispiel, indem es drei Konfliktlinien gibt. Jeder Konflikt ist nach der Auffassung von Duverger dualistisch in zwei Haltungen geteilt, die ihr gegenüber eingenommen werden können. Da nun eine Mehrzahl von Konfliktlinien eine Vielzahl von möglichen Kombinationen der Haltungen jeder einzelnen gegenüber hervorbringen kann, werden sich sofern durch das politische System, allem voran das Wahlverfahren, überhaupt möglich mehrere Parteien bilden, die sich durch eine ihr spezifische Kombination der Haltungen gegenüber den verschiedenen Konfliktlinien auszeichnen. Da es dabei theoretisch mehr Kombinationen als Konfliktlinien gibt, kommt es unweigerlich zu Überschneidungen mehrerer Parteien in ihrer Haltung gegenüber einem Teil der bestehenden Konfliktlinien, wie sie im obenstehenden Beispiel etwa zwischen den Sozialisten und den Radikalen entstehen, die in ihrer Haltung gegenüber der Konfliktlinie Ost/West und dem religiösen Gegensatz einher gehen.
Auch hier besteht, wie oben schon angetönt, ein enger Zusammenhang zwischen der Möglichkeit zur Entstehung eines Vielparteiensystems und dem angewandten Wahlverfahren. Ein Vielparteiensystem kann sich somit nur bei Bestehen eines gegenüber dem einfachen Mehrheitswahlrecht gemässigteren Verfahrens, im günstigsten Fall bei Anwendung eines Proporzverfahrens, durchsetzen. Ansonsten werden sich unter Bestehen verschiedener Konfliktlinien innerparteiliche Gruppen herausbilden, die sozusagen durch das Wahlsystem zur äusseren Solidarität mit ihrer Mutterpartei gezwungen sind, da sie ansonsten als vermeintliche kleine souveräne Splitterpartei durch die zwei oben beschriebenen Faktoren benachteiligt und vielleicht sogar vom Parlament ausgeschlossen würden.
Literaturverzeichnis:
Duverger, Maurice (1959). Die politischen Parteien. pp. 217-290. Tübingen: Mohr.
Duverger,
Maurice (1990). The Two-Party System and the Multiparty System. In: Mair, Peter (ed.).
The West European Party System. Oxford University Press. pp. 285-295. Excerpt
form ‚Political Parties: Their Organization and Activity in the Modern State‘
(1954), Book II, Chapter 1.
Lijphart, Arend (1999). Patterns of Democracy. Yale University Press