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Geld für Parteien

Die Parteien operieren nicht nur in Deutschland im Zwielicht, wenn es um Spendengelder geht. Auch in anderen Ländern kamen sie immer wieder ins Gerede. Soll der Staat statt der Wirtschaft zahlen? Oder braucht es einfach mehr Transparenz? Antworten aus Frankreich, Schweden und Grossbritannien.

Der Staat zahlt in Parteikassen

Neue Gesetze regeln in Frankreich die Parteienfinanzierung. Obschon der Staat die Hälfte zahlt, bleibt vieles im Halbdunkeln.

Von Jürg Schoch, Paris

Keine der grösseren Parteien Frankreichs hat punkto Finanzierung ihrer Aktivitäten eine weisse Weste. Gegen prominente Vertreter des gaullistischen RPR laufen verschiedene Verfahren, unter anderem wegen fiktiver Angestellten, die auf der Lohnliste etwa der Stadt Paris standen, aber für die Partei arbeiteten. Vor kurzem hat ein Gericht die Immunität von Staatspräsident Chirac einmal mehr bestätigt, doch sollte er im Jahr 2002 nicht wieder gewählt werden, könnte ihm ein Prozess drohen.

Auch Chirac hat als Bürgermeister der Hauptstadt (bis 1995), wie in mindestens einem Fall nachgewiesen, die "emploi fictif"-Methode angewendet. Untersuchungen wegen nicht ganz stubenreiner Machenschaften laufen ebenfalls gegen Kommunisten-Chef Robert Hue. Die Sozialisten ihrerseits steckten schon früher tief in den Mühlen der Justiz: Wenn immer linke Würdenträger öffentliche Aufträge an Firmen vergaben, zahlten diese über ein obskures "Studienbüro" einen Obolus an die Parteikasse. Und Wirtschafts- und Finanzminister Strauss-Kahn musste zurücktreten, weil er beschuldigt wird, von einer Studentenversicherung, die den Sozialisten nahe steht, ein Scheinhonorar angenommen zu haben.

Prestigeverlust der Parteien

Gross war jedenfalls die Vielfalt der Machenschaften, die sich die Parteien während Jahren einfallen liessen, um ihre Kassen zu alimentieren. Mit jedem Skandal, der aufflog, mit jedem Parteimann, der vor den Schranken eines Gerichts landete, sank das ohnehin nicht sehr hohe Ansehen der politischen Klasse. So entschloss sie sich Mitte der Neunzigerjahre, einen Neuanfang zu suchen unter dem Motto: mehr Staatsgelder, dafür mehr Transparenz.

Wer staatliche Subvention beansprucht, hat Budget und Rechnung der nationalen Kommission für Kampagnen und Parteienfinanzierung vorzulegen. Diese publiziert die Daten im Amtsblatt. Die letzte Publikation vom 6. November 1999 enthält die Rechenschaftsablage für das Jahr 1998. Die Sozialisten als grösste Partei wiesen ein Budget von umgerechnet 73 Millionen Franken aus, die Gaullisten von 44 Millionen. Die Budgets sämtlicher Parteien zusammengerechnet beliefen sich auf 250 Millionen. Rund die Hälfte der Mittel stammte aus der Staatskasse, je 22 Prozent aus Mitgliederbeiträgen und "diversen Einnahmen", 6 Prozent sind Spenden. Laut dem neuen Gesetz dürfen nur Einzelpersonen Vergabungen machen, und zwar nicht mehr als 7500 Franken pro Jahr.

Wahlkampf mit Steuergeld

Der Fiskus erstattet auch die Wahlkampfkosten zurück, allerdings plafoniert das Gesetz die Ausgaben: Für die Präsidentschaftswahlen liegen sie bei 53 Millionen Franken, bei den Wahlen zum Parlament werden sie je Wahlkreis und Einwohner berechnet. Jene Kandidaten beziehungsweise Parteien, die mehr als 5 Prozent der Wählerstimmen erzielt haben, werden entschädigt. Nach den Präsidentenwahlen von 1995 flossen 47 Millionen Franken, nach den vorgezogenen Parlamentswahlen von 1997 rund 82 Millionen zurück in die Parteikassen.

Risikoreich ist das Geschäft für die kleinen Gruppierungen. Bruno Mˇgret, der sich zu Beginn des vergangenen Jahres mit seinen Getreuen vom Front National (FN) abgespaltet hatte, zog im Sommer allein mit dem "Mouvement national" in den Kampf um die Mandate im Europaparlament - und ging mit fliegender Fahne unter. Jetzt ist die einstige Nummer 2 hinter FN-Chef Le Pen auch finanziell am Ende. Die Kasse blieb beim Patron, von den Wahlkampfkosten erhält Mˇgret, mit einem Stimmenanteil von unter 5 Prozent, nichts zurück. Ihm blieb nur noch, über Kleininserate um Spenden zur Abwendung der grössten Not zu flehen.

Briten wollen strengere Regeln

Auch die britischen Parteien sind auf Spenden angewiesen. Sie müssen die Herkunft offen legen.

Von Peter Nonnenmacher, London

Seit den Tagen, in denen der britische Premierminister David Lloyd George für Adelstitel zur Kasse bat und den Erlös zu Gunsten seiner Partei in einem "stillen" Konto sammelte, ist einiges Wasser die Themse hinuntergeflossen. Mittlerweile sucht Tony Blair mit strengeren Regeln die Parteienfinanzierung im Vereinigten Königreich auf eine moralischere Grundlage zu stellen: Das britische Parlament berät zurzeit eine Gesetzesvorlage, die für mehr Transparenz sorgen und Exzesse ausschalten soll.

Die "braunen Umschläge"

Was die Korruption der politischen Klasse angeht, so weiss auch Grossbritannien von dieser "Krankheit" ein Lied zu singen. Jahrelang haben sich vor allem die Konservativen geweigert, ihre reich sprudelnden Spendenquellen offen zu legen. Staatssekretäre und Minister setzten sich in dieser Zeit immer wieder dem Verdacht aus, grosszügigen Firmen "Freundschaftsdienste" erwiesen zu haben. Auch einzelne Tory-Abgeordnete konnten nicht Nein sagen, wenn ihnen für politische Gefälligkeiten "braune Umschläge" zugesteckt wurden.

Auch Blairs Labour-Regierung geriet kurzfristig ins Kreuzfeuer der Kritik. Der Rennsportmagnat Bernie Ecclestone hatte der Partei eine Spende in Millionenhöhe zukommen lassen - und dies ausgerechnet zur selben Zeit, da Blair die Formel 1 vom neu erlassenen Verbot der Zigarettenwerbung ausgenommen hatte.

Keine staatlichen Beiträge

Die britischen Parteien sind auf Spenden angewiesen. Staatliche Unterstützung für Wahlkämpfe gibt es bisher nicht. Traditionell wird die Labour Party aus Gewerkschaftsgeldern finanziert, während die Geldgeber der Tories sich beim mittleren und grossen Kapital finden. Allerdings beginnen sich mit New Labours unternehmensfreundlicher Politik die Grenzen zu verwischen.

Die neuen gesetzlichen Regeln verpflichten alle Parteien, künftig Spenden von mehr als 5000 Pfund (12 500 Franken) in genauer Höhe und mit Angabe des Spenders offen zu legen. "Geschenke" an Parteien oder deren führende Repräsentanten im Wert von mindestens 50 Pfund (125 Franken) müssen als solche gemeldet, die Geber aber nur auf Verlangen eines neu geplanten parlamentarischen "Wahlausschusses" namentlich benannt werden.

Der "Wahlausschuss" selbst erhält weit reichende Kompetenzen zur Prüfung von Parteienspenden. Jede Partei ist angehalten, einen speziellen Funktionär zu benennen, der für Spendeneingänge und Wahlkampffinanzierung verantwortlich zeichnet und dem Ausschuss viermal jährlich Bericht erstattet und ihn nötigenfalls über ominöse Geldströme aufklärt. Prinzipiell nicht gestattet sind Spenden aus dem Ausland, "Blind Trusts" (stille Konten) und Gelder aus ungesetzlichen Aktivitäten. Der "Wahlausschuss" soll auch die Befugnis haben, Limiten für die Wahlkampfausgaben aller Parteien zu setzen und Parteien, die gegen die Regeln verstossen, mit hohen Geldstrafen zu belegen.

Undurchsichtige Geschäfte

Dass diese von Innenminister Jack Straw eingebrachte Vorlage in Kürze Gesetz wird, daran besteht kein Zweifel: Die Regierungsfraktion steht geschlossen hinter der Reform, und im Oppositionslager herrscht überwiegend Zustimmung. Wie praktikabel die neuen Regeln allerdings sind, muss sich erst noch zeigen.

Zurzeit streiten sich Labour und Tories beispielsweise über Spenden, die aus den Taschen des konservativen Krösus Michael Ashcroft in die Tory-Kasse fliessen. Der vielfache Millionär aus der englischen Stadt Chicester ist einer der wichtigsten Geldgeber der Konservativen, hat aber seine Basis in Florida und seine undurchsichtige Geschäftsadresse in Belize: Was nach Ansicht der Konservativen kein Problem sein muss, in Labours Urteil jedoch einen glatten Verstoss gegen die Auslandsregel darstellt. Ashcroft ist im Öbrigen nicht irgendein ferner Gönner der Tories; er ist Schatzmeister der Konservativen Partei Grossbritanniens.

 

Schweden hofft auf Redlichkeit

Die privaten Parteispenden sind in Schweden nicht geregelt. Man rechnet mit ehrlichen Parteien.

Von Markus Zydra, Stockholm

Alle schwedische Parteien erhalten vom Staat jährlich 51 300 Franken pro Abgeordnetenmandat, um ihrer Tätigkeit als politische Willensbildner nachzukommen. Einzige Bedingung: Die Partei muss in einer der beiden letzten Wahlen mindestens einen Stimmenanteil von 2,5 Prozent ausweisen.

Nicht mehr käuflich

Das ist aber auch schon die einzige Regel. Wie die Parteien die Gelder ausgeben, darüber müssen sie keine Rechenschaft ablegen. Und wie sie mit privaten Spenden umgehen, ist ihnen selbst überlassen. Es gibt kein Parteiengesetz, in dem die Veröffentlichung solcher Geldbeiträge eingefordert wird. Alles hängt also von der Redlichkeit der jeweiligen Parteien ab. "Wir nehmen prinzipiell kein Geld von Privatunternehmen entgegen", erklärt Bo Genfors, Sprecher der konservativen Moderata Samlingspartiet.

Das war nicht immer so. Bis 1976 flossen immer wieder Grossspenden von privater Seite in die konservativen Parteikassen, doch das zahlte sich nicht aus. "Der öffentliche Druck wurde zu gross", sagt Bo Genfors. "Man beschuldigte uns, käuflich zu sein. Deshalb nehmen wir nichts mehr an; es geht um unsere Glaubwürdigkeit!" Schwedische Liberale, Christdemokraten und die Zentrumspartei halten es ähnlich, während die ehemals kommunistische Linkspartei und die Grünen aus ideologischen Gründen gar nicht in die Verlegenheit kommen, sich über diese Frage Gedanken machen zu müssen. "Wir kriegen verständlicherweise nichts von Privatunternehmen, stattdessen sind wir auf die Mitgliederbeiträge angewiesen", erklärt die Schatzmeisterin der Grünen, Lena Lindström.

Geld über die Lotterie

Insgesamt erhielten die sieben schwedischen Parteien 1999 rund 26 Millionen Franken. Die Sozialdemokraten als stärkste Partei beanspruchen über neun Millionen Franken - davon geht ein Siebtel zweckgebunden an die Parteiorganisation, der Rest fliesst in die Wahlkämpfe. Damit sind die Geldquellen der regierenden Sozialdemokraten jedoch keineswegs erschöpft: Rund 6,7 Millionen Franken erwirtschaftet die Partei jährlich durch Lotterieeinnahmen. Dazu kommen Zuschüsse vom schwedischen Gewerkschaftsdachverband in der Höhe von 3,6 Millionen Franken pro Jahr. Die Arbeiterpartei ist damit die mit Abstand reichste politische Organisation im Lande.

"Insbesondere die Zuschüsse von den Gewerkschaften sind eigentlich nicht vertretbar", kritisiert der Schatzmeister der Konservativen, Bo Genfors. Inger Mäler, Finanzchefin bei den Sozialdemokraten, sieht das anders: Die Gewerkschaften seien eine demokratische Organisation, und das sei ein grosser Unterschied zu Spenden der Privatunternehmen. "Käuflich ist unsere Politik nicht!", rechtfertigt sich Inger Mäler. Zumindest im vergangenen Wahlkampf mussten die Sozialdemokraten aber herbe öffentliche Schelte einstecken, weil sie Gewerkschaftsspenden angenommen hatten.

Keine Steuerabzüge

Die Tatsache, dass es keine Regeln für Parteispenden gibt, führt denn auch immer wieder zu Mutmassungen und Verdächtigungen. Inger Mäler sagt, die Sozialdemokraten würden Spenden von Privatunternehmen "vermutlich" nicht annehmen; sicher ist sie nicht. Es gibt keinen generellen Parteientscheid darüber. Allerdings dürfen Grosskonzerne Parteispenden steuerlich nicht geltend machen, was wohl deren Zurückhaltung zum Teil erklärt. Gleichwohl ist sich die sozialdemokratische Finanzchefin Inger Mäler sicher: "Die bürgerlichen Parteien haben andere Einnahmequellen, von denen man nichts weiss."

Das bestreitet Leif Kennerberg, der Kassier der schwedischen Christdemokraten: "Im Wahljahr 1998 erhielten wir insgesamt 601 000 Kronen (113 000 Franken); der grösste Teil waren private Kleinspenden, die auch veröffentlicht werden." Im Vergleich zum Gesamtbudget von 23 Millionen Kronen (4,3 Millionen Franken) seien das "Peanuts".


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