SZ, 9.1.2000 |
Eine Umfrage zeigt: Mehrheit gegen staatliche Parteienfinanzierung - aber für Offenlegung der Spender
Von Maja Peter
Bern/Zürich - Das Verdikt ist eindeutig: Die Schweizerinnen und Schweizer
akzeptieren die Geheimniskrämerei der Parteien um ihre Sponsoren nicht.
77,7 Prozent fordern in der Umfrage der SonntagsZeitung und der "Tagesschau",
dass die Parteien ihre Geldgeber bekannt geben - die Welschen mit 80,5 Prozent
noch deutlicher als die Deutschschweizer mit 76,9 Prozent.
Damit reagieren die Befragten einerseits auf die Spendenaffäre der CDU
in Deutschland, wo Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl zugegeben hat, gesetzeswidrig
namhafte Spenden verheimlicht zu haben. Andererseits deckte der "Blick"
diese Woche auf, dass die Credit Suisse FDP und SVP vergangenes Jahr den Geldhahn
zugedreht hatte. CS-Verwaltungsratspräsident Rainer E. Gut habe aus Verstimmung
darüber, dass die beiden Parteien den Banken-Deal im Zusammenhang mit den
nachrichtenlosen Konten nicht begeistert unterstützt hätten, der FDP
100 000 Franken Sponsorengelder gestrichen, der SVP 50 000 Franken. Trotzdem
will FDP-Generalsekretär Johannes Matyassy von mehr Transparenz nichts
wissen: "Ich kann die Sponsoren nicht offen legen, sonst habe ich keine
mehr." Seine Partei lebt zu 70 Prozent von Sponsorengeldern.
Die Finanzierung ihrer Arbeit auf kommunaler und nationaler Ebene wird für
die Parteien immer schwieriger. Im Gegensatz zum Ausland leben sie hier zu Lande
"von der Hand in den Mund", wie der Berner Politologe Andreas Ladner
von der Universität Bern in einer noch unveröffentlichten Studie (SonntagsZeitung
vom 14.11.99) feststellt. Er und Mitautor Michael Brändle schlagen darin
unter anderem vor, die Parteien mit Steuergeldern zu unterstützen.
Parteien sollen lernen, ihre Arbeit besser zu verkaufen
Bei den Stimmbürgern hat diese Idee indes wenig Chancen. In der Umfrage
lehnen 66,3 Prozent der Befragten eine staatliche Unterstützung der Parteien
ab. Sogar die Mehrheit jener, die Mitglied einer Partei sind, wollen davon nichts
wissen. Nicht viel populärer ist die Unterstützung durch Firmen. Ihr
stimmen nur 41,5 Prozent zu.
Damit stellt sich die Frage, wie politische Arbeit bezahlt werden soll. "Sollen
wir von Luft und Liebe leben?", fragt Matyassy. Der FDP-Generalsekretär
kommt auf Grund der Umfrage zum selben Schluss wie sein SP-Kollege Jean-Fran"ois
Steiert und CVP-Sprecher Paul Felber: "Wir haben noch einen weiten Weg
vor uns, den Leuten klar zu machen, was Parteien für Leistungen erbringen."
Auch Politologe Ladner folgert, dass die Parteien ihre Arbeit besser verkaufen
müssen. Das Ergebnis der Umfrage überrascht ihn nicht: "Niemand
will beamtete Parteien". Sie sollen deshalb nur Geld für Leistungen
erhalten, welche der Demokratie dienten. "Losgelöst vom Verwendungszweck
kann man nicht über staatliche Unterstützung diskutieren", sagt
er.