SZ, 19.12.1999

 


 

Kein Job für Milliardäre und Millionäre

Bundeshaus-Korrespondetn Jürg Abbühl über die Entschädigung für Parteichefs

Autor: Jürg Abbühl

 

Für mickrige 12 000 Franken jährlich managte der Thurgauer Ex-Ständerat Hans Uhlmann seine Partei. Acht Jahre lang war er als Parteichef für die SVP unterwegs, Abend für Abend, am Wochenende, an Feiertagen, im "Bären", im "Rössli", im Fernseh- und im Radiostudio, verbachte Stunden mit Schreibtischarbeit und beantwortete Journalistinnen und Journalisten auch zu unmöglichsten Tages- und Nachtzeiten die immer gleichen Fragen - kein Zweifel, ein Parteipräsidium ist mehr als ein 50-Prozent-Job. Daran hat sich nichts geändert. Und an der Entschädigung nur wenig. Uhlmann-Nachfolger Ueli Maurer rackert sich für 24 000 Franken ab. SP-Chefin Ursula Koch darf 30 000 Franken einstecken, FDP-Boss Franz Steinegger rund 40 000. Das deckt knapp die Unkosten. Nur gerade die sonst doch eher bedächtig politisierende CVP zeigt sich fortschrittlich und entschädigt Adalbert Durrer mit rund 80 000 Franken einigermassen anständig.

Die Zahlen zeigen: Ein Parteipräsidium zahlt sich finanziell nicht aus, weder national noch kantonal und erst recht nicht kommunal. Als Kompensation gibts dafür Kritik, aber die wenigstens im überfluss, sowohl parteiintern wie -extern. Wenn der im Fall Nyffenegger unter Druck geratene Ex-Generalstabschef Arthur Liener sein 301 438-Franken-Salär frustriert zur "Schafseckelzulage" umfunktionierte, müssten die Parteichefs - sollen die Proportionen gewahrt bleiben - zur näheren Beschreibung ihres Entgelts eine Steigerung finden.

Gewiss, ein Präsidialamt bringt Ehre, Popularität und Profilierungschancen. Doch zu glauben, allein damit seien die wachsenden Rekrutierungsprobleme der Parteien zu lösen, ist naiv. Auch und gerade in der Politik hat jeder Idealismus seine Grenzen. Wenn Politarbeit praktisch zur Fronarbeit verkommt, stellt sich für Top-Jobs nur noch zur Verfügung, wer entweder drittklassig, masochistisch oder ehrgeizig, aber ganz bestimmt materiell abgesichert ist. So zehrt Ursula Koch von ihrer Rente als frühere Zürcher Stadträtin, Maurer profitiert von der Infrastruktur des Zürcher Bauernverbandes, Durrer hat eine Anwaltskanzlei, Steinegger dazu ein paar lukrative Verwaltungsratsmandate. Wer wie Milliarden-Blocher (SVP Kanton Zürich) und Millionen-Frey (SVP Stadt Zürich) aus dem Vollen schöpfen kann, dem macht der lediglich symbolische Präsidialbatzen ohnehin keine Sorgen.

Mehr als diesen Batzen können die Parteien aber kaum bezahlen. Denn wer selbst knapp bei Kasse ist, sein Budget mühsam zusammenbetteln muss, kann die Chefarbeit finanziell nicht angemessener honorieren. Soll die Politik auf allen staatlichen Ebenen nicht einfach Millionären überlassen werden und soll die Chancengleichheit der Bürgerinnen und Bürger auch in der Politik nicht nur blosses Verfassungswort bleiben, ist die Parteienfinanzierung endlich neu zu regeln. Originelle Vorschläge liegen auf dem Tisch, zum Beispiel diesen, wonach jeder Bürger freiwillig entscheiden kann, ob er einen Teil der von ihm geschuldeten direkten Bundessteuer in einen Parteienfonds zahlen will.

Noch zögern die Parteien, das heisse Eisen anzupacken. Die vorauseilende Angst, in einer Volksabstimmung scheitern zu können, ist gross. Doch so wie das Parlament letzten Mittwoch bei den Bundesratswahlen staatspolitische Verantwortung bewiesen hat, kann auch das Volk staatspolitische Verantwortung übernehmen. Denn letztlich gehts um die Wertschätzung der Politik. Und diese darf nicht noch weiter erodieren.


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