St. Galler Tagblatt vom 23.2.2002 |
«Nicht beliebig wiederholbar»Kann sich die SP mit ihrer Benefizgala finanziell sanieren? - Interview mit dem Politologen Andreas Ladner Herr Ladner, die SP will sich mit ihrer gestrigen Benefizgala finanziell sanieren. Nützen solche Veranstaltungen etwas? Andreas Ladner: Damit kann sicher ein Beitrag zur Schuldenabtragung geleistet werden. Ein solches Event kann aber nicht beliebig wiederholt werden. Es handelt sich nicht um ein neues Finanzierungsmodell, womit regelmässig Geld beschafft werden kann. Solche Anlässe leben davon, dass sie neu und exklusiv sind. Zudem müssen sie Mittel zum Zweck bleiben und können nicht zum Kerngeschäft der Partei werden. Was kann die SP sonst tun, um ihre Situation zu verbessern? Ladner: Die SP hat ihre Möglichkeiten bereits weitgehend ausgeschöpft. Es fliesst viel Geld von den lokalen und kantonalen Sektionen in die nationale Partei und die Mitglieder zahlen vergleichsweise hohe Beiträge. Es ist im Prinzip eine Optimierungsfrage: Will die SP eine teure Partei mit wenigen Mitgliedern bleiben oder will sie mehr Mitglieder suchen und dafür den Eintrittspreis senken? Was Spenden betrifft, ist die Situation für die SP im Gegensatz zu den Bürgerlichen nicht einfach. Es ist deshalb verständlich, dass die SP auf den Staat schaut. Hat sich die finanzielle Lage der Parteien weiter verschlimmert? Ladner: Die Ausgangslage ist jedenfalls die Gleiche: Die Parteien sind weitgehend sich selbst überlassen, was die Ressourcen anbelangt. Die Schweiz ist das einzige Land Europas, das keine staatliche Parteienfinanzierung kennt. Die einzige Unterstützung sind die Fraktionsbeiträge, die kürzlich erhöht wurden. Abstimmungskämpfe scheinen kaum mehr zu gewinnen, wenn man nicht über die Unterstützung der Spitzenverbände wie der economiesuisse verfügt. Ladner: Die bürgerlichen Parteien führen die Abstimmungskämpfe nicht mit ihrem Geld, sondern überlassen dies Komitees, die selber für die Finanzierung verantwortlich sind. Zwar müssen die bürgerlichen Parteien so wenig eigenes Geld aufwenden, andererseits verfügen sie auch über keinen grossen Handlungsspielraum. Denn wenn die Verbände an einem Thema nicht interessiert sind, stehen die bürgerlichen Parteien ohne Geld da, wie dies etwa bei der Abstimmung über die neue Bundesverfassung geschehen ist. Anders ist die Situation bei der SP. Abstimmungskämpfe und Wahlen
laufen bei ihr zu einem grossen Teil über das Parteibudget. Zwei bis
drei Engagements pro Jahr können so schnell in ein Defizit münden. Die
SP müsste sich deshalb auf weniger Abstimmungen konzentrieren. Ladner: Die Parteien sollten staatlich gefördert werden; dies ist nicht gleichbedeutend mit staatlicher Finanzierung. Man muss klare Vorgaben für die Verwendung des Geldes festlegen. Die Parteien sollen für ihren Beitrag an eine demokratische Auseinandersetzung auf hohem Niveau entschädigt werden. Es geht also nicht darum, Plakataktionen zu finanzieren. Vielmehr sollte derjenige Teil der Partei gestärkt werden, der die Grundlagen der politischen Arbeit entwickelt. Es wurden bisher nur die Fraktionsbeiträge erhöht. Dies ist sicher nötig, man fördert damit aber nur einen bestimmten Aspekt der Parteiarbeit. Es wäre jedoch auch wichtig, den anderen Teil zu fördern. Wie ist es zu erklären, dass sich in dieser Hinsicht wenig bewegt? Ladner: Bei den Bürgerlichen ist die Einsicht weniger vorhanden, dass Handlungsbedarf besteht. Sie nehmen den Druck weniger wahr, da es ihnen bisher eher gelang, Geld zu organisieren. Sie sind auch weniger an starken nationalen Parteien interessiert. Auch sind die bürgerlichen Parteien gegen eine Verknüpfung der Parteienförderung mit der Offenlegung der Einkommen. Denn die Bürgerlichen sind auf Spender angewiesen, die auf Anonymität Wert legen. In dieser Frage müsste ein Mittelweg gefunden werden, der für die Bürgerlichen noch gangbar ist. Durch ein ausreichendes Mass an Transparenz soll verhindert werden, dass einzelne Interessengruppen zu grossen Einfluss auf die Parteien nehmen können. Wie sehen Sie die Zukunft der Parteienfinanzierung? Ladner: Dies ist ein Dauerbrenner. Es braucht viel Ausdauer, um Veränderungen herbeizuführen. Solange nicht bei allen Parteien die Einsicht vorhanden ist, dass Änderungen nötig sind, bleibt es schwierig. Die Parteien müssen zudem das Volk überzeugen. Dies ist nicht einfach. So wird die Vorlage betreffend der persönlichen Mitarbeiter für die Parlamentarier einen schweren Stand haben. Interview: Daniel Saameli Aus dem Tagblatt vom 23.2.2002 © St. Galler Tagblatt AG |
||
|
||