NZZ, 31.1.2000

 


 

Berner Sondersteuer für Parteien?

Regierung gegen eine Amtsdauer von sechs Jahren

 

Der Berner Regierungsrat lehnt eine Sondersteuer für die Finanzierung der Parteien ("Wahlbatzen") ab, obwohl ihm der Grosse Rat im November 1998 einen verbindlichen Auftrag erteilt hat. Er hält den Grundsatz der Chancengleichheit für nicht gewährleistet und sieht auch steuerrechtliche Probleme. Nun ist wieder der Grosse Rat am Zug.

kfr. Bern, 30. Januar

Nach der finanzpolitischen Feinarbeit in den grossen Debatten vom November zur Totalrevision des Steuergesetzes und zum Voranschlag für das Jahr 2000 wendet sich der Berner Grosse Rat in der Februarsession wieder den "kleinen Dingen" des parlamentarischen Alltags zu. Zwar liegt dem Rat ein Bericht über die staatliche Unterstützung der politischen Parteien vor, doch muss er vorerst nur eine vorberatende Kommission bestellen. Der Inhalt des Berichtes wirft jedoch Wellen, weil der Regierungsrat darin die Einführung eines "Wahlbatzens" ablehnt. Eine im November 1998 mit 85 gegen 66 Stimmen überwiesene Motion hatte verlangt, der Kanton solle den natürlichen Personen in jedem kantonalen Wahljahr einen Betrag von drei Franken auf die Steuerrechnung setzen. Die auf 1,5 Millionen Franken geschätzten Einnahmen sollten den an den Wahlen teilnehmenden Parteien und Gruppierungen entsprechend ihrem Erfolg ausbezahlt werden.

Altes Modell neu präsentiert

Die Bindung der Beitragshöhe an den Wahlerfolg ist nur einer der Gründe, mit denen sich die Regierung weigert, den verbindlichen Auftrag zu erfüllen. Diese Verknüpfung diskriminiere die kleineren Parteien, und damit verletze das Modell den vom Bundesgericht verlangten Grundsatz der Chancengleichheit. Problematisch sei der "Wahl- batzen" auch in steuerrechtlicher Sicht, heisst es im Bericht weiter. Es handle sich um eine neue direkte Steuer, die dem Bundesgesetz über die Steuerharmonisierung widerspreche. Zudem gebe es Vollzugsprobleme. Schon die Definition des beitragspflichtigen Personenkreises werfe Fragen auf, weil nicht alle Steuerpflichtigen das Wahlrecht hätten und nicht alle Wahlberechtigten Steuern im Kanton Bern zahlten, und schliesslich sei auch das Inkasso teurer als der Ertrag.

Der Regierungsrat hält indessen grundsätzlich eine finanzielle Unterstützung der Parteien für möglich, und er greift dazu auf eine Vorlage über Wahlkostenbeiträge zurück, die am 5. April 1987 von den Stimmberechtigten knapp abgelehnt worden war. Nach diesem Modell würde der Kanton die Parteien für ihren Aufwand und Erfolg bei den Nationalrats- und den Grossratswahlen mit insgesamt rund 350 000 Franken entschädigen. Angesichts der finanziellen Lage des Kantons verzichtet die Regierung jedoch darauf, dem Grossen Rat einen konkreten Vorschlag zu unterbreiten. Ein solcher kann vom Rat mit einer Planungserklärung verlangt werden.

Eher vier als sechs Jahre Amtsdauer

Erneut in eigener Sache tätig wird das Berner Kantonsparlament auch in bezug auf die Amtsdauer. Am 21. Januar 1998 war eine Motion der Kommission "Parlamentseffizienz" für eine Verlängerung der Amtsdauer für den Grossen Rat, den Regierungsrat sowie die Bezirks- und Gerichtsbehörden von vier auf sechs Jahre mit 94 gegen 62 Stimmen überwiesen worden. In der Vernehmlassung gingen jedoch überwiegend negative Stellungnahmen zu diesem Vorhaben ein, weshalb die Regierung und das Büro des Grossen Rates beantragen, darauf zu verzichten.

Die parlamentarische Reformkommission war der Meinung, mit der Verlängerung der Legislatur könne die "charakteristische Wellenbewegung der Grossratstätigkeit" gestreckt werden. Die Aktivität erfolge gleichmässiger, bevorstehende Wahlen hätten einen geringeren Einfluss, und die Kosten für Kanton und Parteien fielen nur noch alle sechs Jahre an. Der Vorteil, dass die politische Arbeit mehr auf Beständigkeit ausgerichtet wäre, wird nicht bestritten. Doch erhielten die Gegenargumente - bis hin zum "Demokratieabbau"ü - inzwischen mehr Gewicht, und die Zweifel am Erfolg der notwendigen Verfassungsänderung in der Volksabstimmung überwiegen. Deshalb liegt dem Grossen Rat ein Nichteintretensantrag vor.


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