BZ, 24.7.1999
Die SVP hat die besten Karten, die SP ist zwar unauffällig, aber hat kaum Konkurrenz. Dagegen haben FDPund CVP die Orientierung verloren und werden von Blocher hart bedrängt: Der Politologe Andreas Ladner unterzieht die Bundesratsparteien drei Monate vor den Parlamentswahlen einem Fitnesstest. Ladner ist Co-Autor der Studie «Parteien im Wandel» und gilt als einer der bestausgewiesenen Kenner der Schweizer Parteienlandschaft. bzs
FDP
In den letzten Jahren machte der FDP vor allem ihr Popularitätsverlust unter den Freiberuflichen und Akademikern zu schaffen. Ein SVP-Problem hatte in ihren Augen vor allem die CVP. Mit den Zürcher und Luzerner Wahlen hat sich das schlagartig geändert. Die SVP wird auch für die FDP gefährlich. Soll sich die FDP stärker nach rechts profilieren, knallhart auf Neoliberalismus und tiefe Steuern setzen und auch in der Ausländer- und Asylpolitik eine harte Linie fahren, oder hat der Liberalismus mehr zu bieten als die "unsichtbare Hand des Marktes" und Shareholder Value? Im Hinblick auf die Wahlen muss die FDP reagieren. Ihre Hoffnung ist, dass die Zürcher Wahlen einen zusätzlichen Mobilisierungsschub unter ihren Anhängern auslösen wird.
CVP
Die CVP kämpft nun schon seit Jahrzehnten immer weniger erfolgreich mit denselben Problemen. Ihr Zentrumskurs hat sich als arithmetischer Mittelwert erwiesen, welcher die Wählerschaft nicht goutieren will. Die Differenzen zwischen dem katholisch-konservativen, dem christlich-sozialen und einem wirtschaftsorientierten Lager blieben bestehen, während die integrierende Kraft des Katholizismus nachgelassen hat. Die Partei wird sich einmal entscheiden müssen, ob sie links oder rechts der Mitte politisieren will. Zur Zeit ist sie etwas aus der Schusslinie geraten. Sie muss aufpassen, dass sie an der Urne nicht vergessen wird.
SVP
Der national-konservative Kurs der Zürcher SVP hat sich zum Erfolgsmodell der 1990er Jahre entwickelt. Parteiintern stehen in der SVP die Chance für einen Kurswechsel zugunsten der Berner schlecht. Die grosse Herausforderung nach einer Wachstumsphase ist die Konsolidierung, dazu braucht es qualifiziertes Personal. Längerfristige Ziele dürften der zweite Sitz im Bundesrat und die Expansion ins Welschland sein. Offen ist die Frage, wie lange der klare Oppositionskurs der neuen SVP gehalten werden kann. Die Mehrheit ihrer Wähler sind keine Oppositionellen und einer konstruktiven Mitarbeit nicht abgeneigt. Die SVP steigt mit den besten Karten in die Wahlen. An ihrem Erfolg hindern können sie einzig ihre politischen Gegner.
SP
Noch bis vor kurzem als sichere Gewinnerin der Wahlen 99 gehandelt ist es in letzter Zeit still um SP geworden. Fest in Frauenhand positioniert sich die Partei klar links und erteilt sozialdemokratischen Reformmodellen à la Blair und Schröder eine deutliche Absage. Vorteil der SP: Sie hat auf der linken Seite des politischen Spektrums keine Konkurrenz. Das Hauptproblem dürfte die Mobilisierung ihrer Anhängerschaft werden. Von einem Wahlkampf ist bis anhin noch kaum etwas zu spüren. Die 25 Prozent-Marke, die von Bodenmann gefordert wurde, wird wohl kaum erreicht werden.