Bund, 13.1.2000 |
Barbara Ritschard
PARTEIENFINANZIERUNG / Der Wunsch nach staatlichen Unterstützungsgeldern
für Parteien taucht immer wieder auf. Im Moment ist er gerade zuoberst auf der
politischen Traktandenliste. Auch die Grünen möchten Geld vom Staat; zuerst
müssten aber alle Parteien ihre Finanzierung offen legen.
Was Ruedi Baumann damit sagen will: Seine Partei braucht dringend
mehr Geld. Als arm dran bezeichnen sich auch die vier Regierungsparteien: Gemeinsam
haben SPS, FDP, CVP und SVP deshalb eine Studie in Auftrag gegeben, die Möglichkeiten
der Parteienförderung abklären soll. Die Studie ist Ende Juli 1999 abgeliefert
worden und geistert seither als «unveröffentlicht» durch die Schweizer Presse.
Zentrale Aussage: Die Schweiz ist eine der wenigen Demokratien, die keine systematische
staatliche Parteienfinanzierung kennt; höchste Zeit, diese in irgendeiner Form
einzuführen.
Grüne Motion für Transparenz
Vor den Wahlen schien es den Parteien nicht opportun, die Studie
zu veröffentlichen. Beim Volk kommt das Begehren nach staatlicher Parteienfinanzierung
nämlich ganz schlecht an. In einer Umfrage von «Tagesschau» und «SonntagsZeitung»
Anfang dieses Jahres lehnten 66,3 Prozent der Befragten den Wunsch ab. Hingegen
forderten 77,7 Prozent die Offenlegung von Parteispenden.
Jetzt, wo sowohl Wahlen wie Festtage vorbei sind, ist der Moment gekommen, das
widerstrebende Volk einzubeziehen. Das Thema ist am 5. Januar mit einer geschickt
inszenierten Enthüllung im «Blick» lanciert worden. Inhalt: Vergangenes Jahr
habe die Credit Suisse der FDP und der SVP aus Unzufriedenheit ursprünglich
versprochene Spenden von 100 000 bzw. 50 000 Franken vorenthalten.
Seither wird die Abhängigkeit einiger Parteien von Wirtschaftskreisen rege diskutiert
und kritisiert. Die «Arena» vom kommenden Freitag soll zu diesem Thema stattfinden,
und auch die Grünen haben sich zu Wort gemeldet. Gestern kündigten sie eine
Motion an, die ein Gesetz verlangt, das die Parteien zur Offenlegung ihrer Finanzierung
zwingt. «Demokratie darf nicht käuflich werden», sagt Ruedi Baumann. Und: «Wenn
Transparenz herrscht, wäre das Volk eher bereit, den Parteien Steuergelder zuzugestehen.»
SVP ist von Bord gegangen
Gerade umgekehrt sieht man es beim Freisinn. Hier lautet die Devise:
Zuerst Geld vom Staat, dann erst kann man sich die Offenlegung leisten. Spender
liessen sich höchst ungern outen und würden abspringen, wenn sie dazu gezwungen
würden, sagt FDP-Sprecher Guido Schommer. Firmen würden mit der Offenlegung
ihrer politischen Sympathien wohl mehr Kunden verjagen als anziehen.
ähnlich reagiert man bei der SVP: «Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir eine
Offenlegung unserer Finanzen unterstützen», sagt der neue Generalsekretär Jean-Blaise
Defago. «Das würde die Spender verärgern, und wir hätten Mühe, zu Geld zu kommen.»
überhaupt will die SVP offenbar nichts mehr von einer neuen Parteienfinanzierung
wissen. In der «Arena» wird SVP-Präsident Ueli Maurer an vorderster Front gegen
staatliche Gelder für Parteien ankämpfen. Dies im Gegensatz zum soeben abgetretenen
SVP-Generalsekretär Martin Baltisser, der die Studie zur Parteienfinanzierung
noch mit in Auftrag gegeben hat. Dies im Gegensatz auch zu Baltissers Nachfolger
Defago, der sich «mehr Zeit für politische Arbeit» wünscht und «weniger, um
dem Geld nachzurennen».
Geld für seriöse Politarbeit
Nicht mehr «weiterwursteln wie bisher» mag laut Generalsekretär
Jean-Fran¨ois Steiert die SPS. Sie will eine breite öffentliche Diskussion darüber,
wie kontinuierliche, seriöse Politarbeit mit bzw. ohne Gelder aus unabhängiger
Quelle möglich ist. Und sie will transparente Parteienfinanzen.