NZZ 9./10.12 2000
Die Schweiz 2007 – Unser Umfeld
International.
Intensive internationale Vernetzung und Relativierung der nationalen
Autonomie
Zunehmende Migrationen und verstärkte Durchmischung der Kulturen
Technologisierung der Gesellschaft
Während Einfluss der Politik sektoriell zurückgedrängt scheint, wird
gleichzeitig zwischenstaatliche Zusammenarbeit immer
unverzichtbarer
National.
Abschied vom privilegierten Sonderfall Schweiz, rascher
wirtschaftlicher Struktur- und Wertewandel
Europafrage spaltet das Land
Trend zur kleinräumigen Betrachtung und Hinwendung zum lokalen
Geschehen
Einfache Rezepte sollen verunsicherten Menschen vermeintliche
Sicherheit bringen
Während sich exportorientierte Wirtschaft in hohem Tempo
umstrukturiert, verläuft Anpassung in der Binnenwirtschaft und den
politischen Institutionen langsamer
Wertewandel und demographische Veränderungen setzen
Sozialsystem unter Druck.
Partei.
FDP kann wertkonservatives Lager mit eher traditionsorientierten
BürgerInnen recht gut halten
Gewinnchancen im "modernen" Bereich, bei Personen mit hohem
Bildungsstandard und bei Berufstätigen mit mittlerer Chance nicht
genügend wahrgenommen
Gesamtschweizerisch stagnieren Mitgliederzahlen oder nehmen leicht
ab
Verluste bei den Männern zwischen 30-60 Jahren wahrscheinlich
Frauen und Jugendliche können sich z.T. nur schwer für FDP
begeistern
Mögliche Ursachen.
Es fehlen jüngere FDP-Identifikationsfiguren; FDP-Gremien sind
vielfach überaltert
Auftritt und Sprache der FDP sind zu wenig attraktiv für grösseres
Zielpublikum
Themen und Argumente der FDP emotionalisieren zu wenig
Profil und Erkennbarkeit der Partei fehlen
Die Schweiz 2007 – Unsere Vision.
Die Schweiz wird weltweit als ein auf Leistung basierendes
Erfolgsmodell anerkannt. Als beispielhaft gelten besonders die
nachhaltige Schaffung von Wohlstand, die kulturelle Vielfalt, die
intensive Mitwirkung der Bevölkerung am politischen
Meinungsbildungsprozess sowie der Wille zur kontinuierlichen
strukturellen Erneuerung.
Volkswirtschaft.
Schweiz mit weltweitem Spitzenplatz für Wohlstand pro Kopf,
private Vermögensbildung und Wettbewerbsfähigkeit
Qualität, Wirtschaftlichkeit und Innovation werden durch Wettbewerb und
Marktkräfte gesichert. Behinderungen von Wettbewerb und Marktkräften
werden systematisch abgebaut. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sichern
gemeinsam die Spitzenstellung der Unternehmen im internationalen
Wettbewerb. Leistungsorientierte Entlöhnung, kontinuierliche Weiterbildung
sowie die Partizipation der Mitarbeiter an den Unternehmensgewinnen sind
Standard und sichern den sozialen Frieden.
Der Staat sorgt mit berechenbaren, freiheitlichen und wirtschaftsfreundlichen
Rahmenbedingungen für ein im Weltvergleich attraktives Umfeld. Er finanziert
seine Kernaufgaben so, dass Leistung und Wertschöpfung gefördert und der
Ressourcenverzehr belastet werden.
Soziale Sicherheit.
Nachhaltige Sicherung der Existenzgrundlagen für ältere oder
sozial benachteiligte Menschen durch langfristige, an der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit orientierte Finanzierung
Die soziale Sicherheit im Alter und in persönlichen Notlagen nimmt jeder
Einzelne in erster Linie selbstverantwortlich wahr, wobei die Solidarität im
Familien- und Freundeskreis gefördert wird. Die Eigenverantwortung in der
Altersvorsorge geschieht durch Stärkung der 3. Säule. Staatliche
Fürsorgeleistungen werden nur aufgrund einer sorgfältigen Abklärung der
Bedürftigkeit ausgerichtet.
Durch die Verselbständigung der öffentlichen Spitäler und damit Schaffung
von Wettbewerb sowie durch die Verwendung allfälliger staatlicher Beiträge
zur Reduktion der Gesundheitskosten in Form von Subjekt- statt Objekthilfe
verfügt die Schweiz über eine gesicherte, finanziell tragbare
Gesundheitsversorgung.
Die Finanzierung der Sozialversicherungen ist langfristig gesichert durch eine
Mischung von Massnahmen auf der Leistungs- und Einnahmeseite. Die
Lohnprozente der AHV/IV/EO sind halbiert und durch indirekte Steuern ersetzt.
Die ALV ist in eine obligatorische Grundversicherung und in wählbare
Zusatzversicherungen aufgeteilt.
Bildung.
Förderung und Forderung durch ein im weltweiten Rahmen
erstklassiges Schul- und Bildungssystem, das auf die Vermittlung
relevanter Werte und Kompetenzen ausgerichtet ist.
Die Einsicht der Notwendigkeit lebenslangen Lernens ist Allgemeingut. Die
Grund- und Berufsausbildung ist allgemein zugänglich, der Förderung der
Begabten wird grosses Gewicht beigemessen. Aus- und Weiterbildung
werden generell mit Bildungsgutscheinen geregelt. Die Dauer der qualitativ
hochstehenden Ausbildung ist im europäischen Vergleich kurz. Die
akademische Ausbildung ist dereguliert, der Markt für private Anbieter offen.
Zukunftsträchtige Forschungsfelder für Wirtschaft und Gesellschaft werden
frühzeitig erkannt und gefördert. Die Forschungs- und
Ausbildungsschwerpunkte werden auf diese Bereiche abgestimmt.
Staat und Politische Kultur.
Bürgernaher, effizienter und rechtsstaatlicher "service public"
mit einem Finanzhaushalt im Gleichgewicht. Hoher
Zusammenhalt bei kultureller Vielfalt und hohem Grad an
demokratischer Mitwirkung.
Das politische System ist umgestaltet und zeichnet sich durch einen hohen
Grad demokratischer Mitwirkung aus. Die direkte Demokratie ist
verwesentlicht. Staatliche und gesellschaftliche Aufgaben, Kompetenzen und
Verantwortungen sind nach einer Gebietsreform eindeutig und umfassend je
nach Eignung zugeordnet an Bürgerinnen und Bürger, Gemeinden, Kantone
und Bund. Staatliche Willensbildung erfolgt auf der Basis von
Computervernetzung interaktiv unter Mitwirkung vieler Bevölkerungssegmente.
Langwierige, bürokratische Vernehmlassungsverfahren sind abgeschafft. Das
Volk fällt die zentralen Entscheide.
Die föderalen Strukturen sind ein wesentliches Identifikationselement der
Schweiz. Einzelne Bereiche der Verwaltungsaktivitäten haben sich zur
Effizienzsteigerung des öffentlichen Sektors zu Verbundsystemen
zusammengeschlossen. Die Parteienlandschaft ist geprägt durch eine
Modernisierungsbewegung und zwei Gruppierungen national- bzw.
linkskonservativer Ausprägung. Das Parlament konzentriert seine Tätigkeit auf
drei Funktionen: Erlass von Rahmengesetzen, Genehmigung der von der
Regierung vorgelegten Budgets (inklusive der Leistungsaufträge an die
Verwaltung) sowie Überwachung der Amtstätigkeit des Bundesrates und der
Leistungserstellung der Verwaltung. Ein starker Bundespräsident, für vier
Jahre gewählt, steht an der Spitze eines Regierungsteams, das ein von
mehreren Parteien getragenes mittelfristiges Programm umsetzt und die
Führungsrolle echt wahrnehmen kann. Dem Bundesrat gehören mehrere
Frauen an; das Durchschnittsalter des Gremiums liegt unter 50 Jahren.
Staatliche Kernaufgaben werden kundenorientiert, professionell und
wirtschaftlich erbracht. Die öffentlichen Finanzen sind strukturell im
Gleichgewicht, die neue Finanzordnung in Kraft. Das Steuersubstrat ist
gesichert. Die persönliche Sicherheit ist durch effiziente Sicherheitskräfte und
ein professionelles Gerichtswesen gewährleistet. Autobahnnetz,
Elektrizitätswirtschaft sowie weitere nicht zwingend staatliche Infrastruktur-
und Dienstleistungsbereiche sind verselbständigt und privatisiert.
Gesellschaft.
Spitzenstellung punkto Lebensqualität durch Verwirklichung von
Gleichberechtigung, Freiheit der Lebensformen, Schutz der
Ökosysteme, hohes Mass an Sicherheit und leistungsfähige
Infrastrukturen.
Die Gleichstellung von Frau und Mann ist in allen Bereichen Wirklichkeit.
Familiäre Verpflichtungen sind auf dem Arbeitsmarkt kein Hindernis mehr. Die
Arbeitsformen sind flexibilisiert. Die Freiheit der Lebensformen wird
gewährleistet. Die Gesellschaft zeichnet sich durch Freiheit und Toleranz, Lust
und Freude am Leben aus.
Die Gesellschaft wird durch die Idee der "Nachhaltigkeit" und die
Verantwortung für nachfolgende Generationen geprägt. Sie zeichnet sich
durch ein hohes Umweltbewusstsein und die konsequente Umsetzung des
Verursacherprinzips aus. Der grosse innere Zusammenhalt ruht auf einer
Basis der kulturellen Vielfalt, zu welcher Orginalität und Kreativität führen. Die
Mehrsprachigkeit als wichtiges schweizerisches Merkmal wird gepflegt.
Die Schweiz ist Teil Europas und der Welt.
Ihre aktive profilierte Mitwirkung nach aussen in Form der Mitgliedschaften bei
EU und UNO ermöglicht der Schweiz, ihre besonderen Erfahrungen und
Leistungen proaktiv einzubringen. Durch die aktive, gemeinsame
Asylaussenpolitik gelingt es, den Zustrom von Asylsuchenden auf einem
tiefen Niveau zu stabilisieren. Unser Land verfügt über eine moderne, mobile
Milizarmee, die ihren Auftrag im UNO/NATO-Verbund erfüllt.
Die FDP 1999-2003 – Unsere Ziele.
Ausgehend von den fünf Grundwerten Leistung, Freiheit,
Verantwortung, Offenheit und Sicherheit wollen wir unter den
Bedingungen der Globalisierung eine hochproduktive
Wettbewerbsdemokratie mit sozialem Zusammenhalt schaffen.
Wir wollen uns nachhaltig als die Modernisierungs- und
Erneuerungskraft der Schweiz profilieren sowie die Umsetzung der
Vision einer zukünftigen, erfolgreichen Schweiz unterstützen.
Unser Ziel ist, die initiative Kraft in der politischen Schweiz zu sein.
Dafür übernehmen wir Themenführerschaft und demonstrieren
Problemlösungskompetenz.
Unsere Ziele können nicht die Interessen Einzelner sein, sondern die
Bedürfnisse der Bevölkerung dieses Landes.
Unser Ziel ist, dabei auf private Initiative und die Marktkräfte zu bauen.
Unser Ziel ist es, den FDP-eigenen Weg zu gehen. Für eine
zukunftsfähige, marktwirtschaftliche Schweiz wollen wir aber mit
anderen Parteien und Kräften zusammenarbeiten, um Mehrheiten zu
finden.
Ziele für 1999.
Reformbereite Wählergruppen anbinden
Kernkompetenz und Profil stärken (Themen)
Stärkste Fraktion, Verdoppelung der Zahl der Frauen, deutliche
Verjüngung
Wähleranteil höher als 1995
Reformbereite Wähler bilden innerhalb der FDP-Wähler die Mehrheit
Die FDP 1999-2003 – Unsere Schwerpunkte
Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik
HEUTE:
Hohe und steigende Fiskalquote
Historisch gewachsenes Steuersystem mit falschen Anreizen
Nicht gesicherte Finanzierung der Sozialwerke
Ordnungspolitische Schwächen in der Binnenwirtschaft
LEITLINIEN MORGEN:
Konsequent wachstums- und wohlstandorientierte Wirschafts-, Fiskal-
und Sozialpolitik
Reduktion der Fiskalquote durch Abbau von Staatsaufgaben, durch
Privatisierungen und Verselbständigungen
Neukonzeption des Steuersystems
Arbeit wird ermöglicht
Keine Lastenumverteilung von der Gegenwart in die Zukunft
Förderung plus Forderung. Generationenvertrag statt
Generationenbetrug.
Bildungssystem
HEUTE:
Volksschule mit Nivellierungstendenzen
Zu wenig fokussierte Universitäten
Ungenügender Einsatz von Technologie
Ungenügende Vermittlung relevanter Fremdsprachen und sozialer
Kompetenz
Ungenügendes Karriere-, Qualitäts- und Effizienzmanagement
Zu geringe Bedeutung des lebenslangen Lernens
LEITLINIEN MORGEN:
Erneuerung des Bildungssystems auf allen Ebenen
Auf lebenslanges Lernen ausgerichtetes Bildungskonzept
Förderung individueller Leistungsfähigkeit, Arbeitsmarktfähigkeit und
Lebenstauglichkeit
Bildung autonomer Institutionen mit differenzierten Aufträgen
Schaffung von Wettbewerb mit Bildungsgutscheinen und
leistungsorientierten Anreizsystemen
Qualitätsmanagement
Staatstätigkeit
HEUTE:
Historische gewachsene Aufgabenteilung zwischen Bund, Kantonen
und Gemeinden mit oft unklarer Abgrenzung und Verantwortung
bezüglich Kompetenzen und Finanzierung
Überforderung vieler staatlicher Führungsorgane
Zum Teil mangelnde Professionalität und ineffiziente Rollenverteilung
Ineffiziente demokratische Mitwirkungsprozesse
LEITLINIEN MORGEN:
Reorganisation der Staatsleitung mittels Staatsleitungsreform
Ökonomisierung der Verwaltung
Erneuerung des Föderalismus
Neuaufteilung der Aufgaben
Verwesentlichung der Demokratie
Aussen- und Sicherheitspolitik
HEUTE:
Traditionell verstandener Begriff der Neutralität
Unklares Verhältnis zu EU / UNO / NATO
Wenig fokussierte Aussenpolitik
Sich nur langsam verändernde Sicherheitspolitik
LEITLINIEN MORGEN:
Rolle der Exportnation mit Binnenlage auf europäischer und
internationaler Ebene offensiv wahrnehmen
Neuausrichtung der Aussen- und Sicherheitspolitik
Zeitgemässe Auslegung der Neutralität
Klärung der Beziehungen zu wesentlichen internationalen Institutionen
Anpassung und Eingliederung der Armee an / in NATO/UNO-Verband
Aktive Mitwirkung bei der Bewältigung grenzüberschreitender
Herausforderungen
Förderung der angewandten Forschung
Die FDP 1999-2003 – Unsere Projektarbeit.
Die FDP arbeitet in neun Projektgruppen an der konkreten Ausgestaltung und
Umsetzung ihrer Zielsetzungen sowie der Vision 2007:
1.Finanzierung des Sozialstaates / Erneuerung des Steuersystems
2.Gesundheitswesen / "Tragbare Gesundheitskosten durch mehr
Wettbewerb"
3.Schaffung von Arbeitsplätzen / "Verbesserung der schweizerischen
Wettbewerbsfähigkeit" / "Ideen- und Know-how-Börse"
4.Liberale Lebensgestaltung / Kinderbetreuungsplätze
5.Energiepolitik / Energiemarkt 2007
6.Bildungssystem / Bildungsoffensive
7.Staatstätigkeit und Staatssleitungsreform / Modernisierung des
Staates
8.Europa / "Parteiinterne Debatte über die Auswirkungen eines
Alleingangs, eines EWR-Beitrittes und eines EU-Beitrittes"
9.Innere Sicherheit / Migrationsproblematik und Ayslaussenpolitik
Das Ziel der Projektgruppen ist es, folgende Fragen zu
beantworten:
1.Wo müssen wir uns erneuern?
2.Wie soll diese Erneuerung aussehen, welches ist das Ziel und
innerhalb welcher Leitplanken soll diese Erneuerung geschehen?
3.Welche offene Fragen müssen geklärt werden?
4.Welche Aktionen, Initiativen und Massnahmen sind umzusetzen, damit
die FDP Erneuerungsführerschaft für sich beanspruchen kann?