Berner Zeitung vom 16. März 2001 |
«Rechtskurs ist für CVP folgerichtig»
Für Politologe Andreas Ladner muss die CVP den von Durrer eingeschlagenen
Rechtskurs weiterverfolgen.
u Interview: David Sieber
Herr Ladner, braucht die CVP nicht viel eher einen Konkursverwalter als einen
neuen Präsidenten?
Andreas Ladner: Das nicht gerade. Die CVP ist immerhin eine Partei, die in
gewissen Kantonen noch Wähleranteile hat, von denen andere Parteien nur träumen
können: Fast 40 Prozent in Luzern, über 60 Prozent gar in Obwalden. Aber auf
nationaler Ebene hat sie zunehmend Mühe, sich Erfolgsversprechend zu
positionieren.
Stark ist die CVP in konservativen Kantonen. Muss deshalb auch der
Durrer-Nachfolger den Rechtskurs beibehalten?
Das ist für die CVP folgerichtig. Denn die Mitte-Strategie ist gescheitert:
Die CVP hat in den letzten 30 Jahren praktisch nur noch verloren. Nun droht die
Gefahr, dass sich die SVP in den CVP-Hochburgen festsetzt und nicht mehr nur die
Proteststimmen abholt. Sitzt die SVP einmal in den kommunalen und
kantonalen Regierungen, wird es für die CVP noch schwieriger. Darum muss sie
jetzt reagieren.
Wird die CVP zu einer Art SVP mit sozialem Gewissen?
Diese Linie beginnt sich durchzusetzen. Das zeigt auch die kürzlich
erfolgte Gründung der konservativen Wertegruppe.
Begünstigt oder behindert der Durrer-Rücktritt diese Entwicklung?
Ich glaube, Durrer hätte diese Entwicklung auch mittragen können. Er hat
ja seine Sympathie für die Wertegruppe bekundet. Doch konnte er sich nicht voll
auf diese Linie einlassen, weil er einen Richtungswechsel hätte vollziehen
müssen und an Gradlinigkeit eingebüsst hätte. Deshalb glaubt er, dass jemand
anders an die Parteispitze sollte.
Durrer ist also gescheitert?
Das würde ich so nicht sagen. Ich denke, er hat das Beste aus dieser Partei
gemacht. Und es ist ja keine einfache Partei.
Was muss der Nachfolger, die Nachfolgerin mitbringen?
Die Person muss nicht in erster Linie die verschiedenen Flügel integrieren,
sondern der Partei Profil verleihen, also eine klare Mitte-Rechts-Position
vertreten.
Hat die CVP überhaupt Wachstumspotenzial?
Im Moment gibt es in der Tat keine grosse Wachstumsperspektive. Es geht
vorwiegend darum, nicht noch weitere Verluste einzufahren. Aber auch das ist
nicht sicher. Mit dem Rechtsrutsch gibt man den linken Rand preis. Die Partei
ist wirklich in einer schwierigen Lage. u